Ukraine-Krieg, Energiekrise, steigende Zinsen und noch schneller steigende Preise: Die wirtschaftliche Situation ist unter dem Einfluss der Vielzahl von Erschwernissen und Unsicherheitsfaktoren aktuell volatil wie selten. Das Ausmass der Belastungsproben für die Wirtschaft beflügelt Inflationssorgen und Rezessionsängste an den Finanzmärkten und sorgt damit auch in der Private-Equity-Branche für Unruhe.
In Reaktion auf die Marktturbulenzen stehen Private-Equity-Investoren zwei grundsätzliche Handlungsstrategien zur Verfügung: Zum einen der Rückzug auf eine defensive Position in der Hoffnung, das Portfolio auf diese Weise möglichst unbeschadet durch die finanziellen Turbulenzen zu bringen. Oder die Fortsetzung der Investmentaktivitäten auch durch die Abschwungphase hindurch, um sich über die aktive Suche nach günstigen Investitionsgelegenheiten die Chance auf die Renditen zu sichern, die auf der anderen Seite des Abschwungs warten. Der Finanzunternehmer Artan Qelaj aus Zürich weist auf eine Umfrage unter Private-Equity-Fondsmanagern hin, die nahelegt, dass die Branche einen aktiven Umgang mit den Herausforderungen bevorzugt.
Wie sich die Branche für wirtschaftlich stürmische Zeiten in Stellung bringt
Professionelle Private-Equity-Investoren rechnen mit schwierigen wirtschaftlichen Zeiten: 80 Prozent erwarten eine Rezession innerhalb der nächsten zwölf Monate. Das ist eine der zentralen Erkenntnisse einer Veröffentlichung von BDO USA. Im Zentrum der zusammengeführten Daten aus der hauseigenen Frühjahrsumfrage und einer Befragung im Zuge des BDO-Webinars «2022: A Pivotal Year for Fund Managers» stand die Frage, wie die Private-Equity-Branche mit der wirtschaftlichen Volatilität umgeht und sich auf den erwarteten Wirtschaftsabschwung vorbereitet.
Um sicherzustellen, dass sie den sich ändernden Marktbedingungen gerecht werden und sich für stürmisches Wirtschaftswetter in Stellung bringen, planen 32 Prozent der befragten Fondsmanager, ihre Wertschöpfungsstrategien zu überdenken. 24 Prozent tragen sich mit dem Gedanken an eine Überarbeitung der Kapitalstruktur, 20 Prozent haben sich wesentliche Anpassungen der Bewertungsansätze vorgenommen. 16 Prozent planen, anstehende Exits zu beschleunigen, 8 Prozent wollen sie aufschieben.
Neuerwerbungen im Fokus
Aus Sicht der Zürcher Private-Equity-Unternehmers Artan Qelaj besonders interessant ist der in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen Fokus auf Geschäftsabschlüsse. Auf die Frage, wohin sie in den kommenden sechs Monaten das meiste Kapital leiten würden, antworteten im Juli 2022 51 Prozent der Fondsmanager mit «neuen Investitionen». Nur vier Monate zuvor standen neue Geschäftsabschlüsse auf der Prioritätenliste deutlich tiefer: Lediglich 12 Prozent planten in der BDO-Frühjahrsumfrage im März 2022, einen Grossteil ihres Kapitals in neue Deals zu investieren.
Chancen der Krise nutzen
Nach Auffassung der Initiatoren der Umfrage zeigt dieser auf das Neugeschäft verlagerte Schwerpunkt, dass zahlreiche Akteure der Private-Equity-Branche planen, durch den Abschwung hindurch zu investieren. Das Ziel: Jetzt Geschäfte abschliessen, um Renditen zu erzielen, wenn sich der Markt erholt.
Grundlage dieser günstigen Investitionsgelegenheiten sind die gesunkenen Preiserwartungen. Ein Grossteil der Fondsmanager rechnet damit, dass sich die aufgrund der hohen Transaktionsaktivität der vergangenen Jahre auf Rekordniveau gestiegenen Vermögenspreise nicht werden halten können: 62 Prozent der Befragungsteilnehmer gingen im Sommer 2022 davon aus, dass die Vermögenswerte in den nächsten sechs bis zwölf Monaten niedriger gehandelt werden.
Eine Einschätzung, die auch Artan Qelaj teilt: Wirtschaftliche Abschwünge bedeuten in der Regel stets auch Chancen für Investoren. Und wie der Finanzunternehmer aus Zürich unter anderem in einem Interview zum Anlagejahr 2022 bereits hervorgehoben hat, schlägt sich gerade Private Equity in Krisenzeiten tendenziell besonders gut und bietet Anlegern somit attraktive Renditechancen.