Für viele Gründer ist Venture Capital die vermeintliche Eintrittskarte in eine Welt voller Möglichkeiten: finanzielle Freiheit, beschleunigtes Wachstum, strategische Unterstützung. Die Realität sieht jedoch oft anders aus – nicht schlechter, aber komplexer. Wer zum ersten Mal mit Investoren spricht, merkt schnell: Erwartungen und Wirklichkeit klaffen manchmal auseinander. Genau deshalb lohnt es sich, einen ehrlichen Blick darauf zu werfen, was Venture Capital wirklich bedeutet – und was nicht.
Arti Qelaj kennt diese Gespräche. Als Investor ist er regelmässig auf beiden Seiten des Tisches: mal als Kapitalgeber, mal als Gesprächspartner, der Gründer durch schwierige Entscheidungen begleitet. Seine Erfahrung zeigt: Der Schlüssel zu einem erfolgreichen Investment liegt nicht allein im Kapital, sondern in der Klarheit über gegenseitige Erwartungen.
Ein verbreiteter Irrtum ist, dass mit dem Einstieg eines Venture Capital-Gebers sämtliche Probleme gelöst sind. Das Gegenteil ist häufig der Fall. Der Einstieg bringt neue Fragen mit sich: Wer trifft künftig welche Entscheidungen? Wie entwickelt sich die Gesellschafterstruktur? Was passiert, wenn es nicht so läuft wie geplant? Viele Gründer unterschätzen, wie sehr ein Investment nicht nur Geld, sondern auch Dynamik ins Unternehmen bringt – im Guten wie im Herausfordernden.
Investoren bringen Kapital, ja – aber sie bringen auch Verantwortung, Prozesse, Anforderungen an Transparenz. Reporting, KPI-Systeme, klare Kommunikationsstrukturen – all das gehört ab einem bestimmten Punkt dazu. Wer als Gründer lieber im kreativen Chaos arbeitet und sich nicht mit Businessplänen oder Datenräumen befassen möchte, wird mit klassischen Venture Capital-Strukturen wenig Freude haben.
Das bedeutet nicht, dass VC schlecht ist. Im Gegenteil: Venture Capital kann der entscheidende Katalysator für ein Startup sein – vorausgesetzt, beide Seiten wissen, worauf sie sich einlassen. Arti Qelaj betont, wie wichtig es ist, diese Gespräche früh und offen zu führen. Es geht nicht nur darum, ob man sich versteht, sondern auch darum, ob man im selben Takt geht.
Ein realistischer Blick auf die Rollenverteilung hilft. Investoren wollen Einfluss – nicht zwangsläufig im operativen Alltag, aber bei strategischen Weichenstellungen. Sie erwarten, dass ihre Meinung Gehör findet, dass sie mitdenken dürfen und dass ihre Erfahrung genutzt wird. Wer als Gründer offen für Sparring, kritische Fragen und Mitgestaltung ist, profitiert enorm – nicht nur finanziell, sondern auch inhaltlich.
Auch die Zeithorizonte sind ein Thema. Viele Investoren denken in Zyklen – typischerweise drei bis sieben Jahre. Das bedeutet: Irgendwann muss es einen Exit geben, sei es über einen Verkauf, einen Buyout oder einen Börsengang. Gründer, die auf langfristiges Unternehmertum ausgerichtet sind, müssen sich bewusst sein, dass Venture Capital oft mit einem klaren Exit-Ziel verbunden ist. Das kann passen – muss aber zum Mindset des Teams passen.
In der Schweiz wird diese Dynamik oft etwas anders gelebt als etwa im Silicon Valley. Der Ton ist zurückhaltender, die Beteiligungsstrukturen meist moderater. Doch die Grundprinzipien sind dieselben: Kapital ist kein Geschenk, sondern ein aktiver Hebel – und der muss gut eingesetzt werden. Wer glaubt, dass Investoren sich still zurücklehnen und auf Ergebnisse warten, irrt. Es geht um Zusammenarbeit, um Mitverantwortung, manchmal auch um Reibung.
Diese Reibung ist nicht negativ – im Gegenteil. Viele der wertvollsten Gespräche, die Arti Qelaj mit Gründern geführt hat, entstanden genau in diesen Momenten. Wenn etwas nicht funktioniert hat. Wenn ein Ziel verfehlt wurde. Wenn man sich fragen musste: War das die richtige Entscheidung? Genau dann zeigt sich, wie belastbar eine Partnerschaft wirklich ist.
Gründer sollten sich also fragen: Was erwarte ich von einem Investor – ausser Kapital? Möchte ich jemanden, der mitdenkt? Der mir widerspricht, wenn nötig? Der mir Türen öffnet, aber auch mal sagt, dass ich falsch liege? Und umgekehrt: Bin ich bereit, diesen Input anzunehmen? Bin ich offen für eine Partnerschaft, die mich fordert – und stärkt?
Venture Capital ist kein einfacher Weg. Aber es ist ein Weg, der – wenn richtig gegangen – enorme Chancen bietet. Für Gründer, die bereit sind, sich weiterzuentwickeln, Verantwortung zu teilen und strategisch zu denken, ist es vielleicht sogar der bestmögliche.
Arti Qelaj ist überzeugt: Die Qualität der Zusammenarbeit entscheidet über den Erfolg. Kapital bekommt man auch anderswo. Aber ein Partner, der mitzieht, mitdenkt und mitträgt – das ist unbezahlbar.